Der Kreisbauernverband Reutlingen hat seine Position zur Biodiversitätsstrategie des Landes und zum Aktionsprogramm Insektenschutz des Bundes in einem Papier verankert.
Im Land Baden-Württemberg wird aktuell auf Grundlage des Eckpunktepapiers, welches aus dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ hervorging, im Rahmen der Biodiversitätsstrategie das Landwirtschaftsgesetz (LLG) sowie das Naturschutzgesetz angepasst. Im vergangenen Herbst hat zudem das Bundeskabinett das Aktionsprogramm Insektenschutz im sogenannten Agrarpaket verabschiedet. Mit diesen Maßnahmen wollen Bundes- und Landesregierung die Lebensbedingungen für Insekten und die biologische Vielfalt in Deutschland verbessern, um eine Trendumkehr beim Rückgang der Insekten und ihrer Artenvielfalt zu erreichen.
Dabei wird dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eine Schlüsselrolle zu teil. Vorgesehen ist zum einen eine dokumentierte Reduktion des Pflanzenschutzeinsatzes, zum anderen aber auch ein komplettes Verbot in bestimmten Gebieten.
Die Landwirte im Landkreis Reutlingen sind durch die Strukturen und die Vielzahl an Schutzgebietskulissen von den geplanten Einschränkungen des Pflanzenschutzes massiv betroffen. Dies führt zu einer ungleichen Behandlung für die Betriebe, deren bewirtschaftete Flächen im Biosphärengebiet oder in einem sonstigen Schutzgebiet liegen.
Es ist zu befürchten, dass viele Betriebe durch die enorme Belastung aufgeben werden und damit die regionale Nahrungsmittelproduktion abwandern wird.
Fraglich ist, wer dann die Kulturlandschaft und damit den Lebensraum der Insekten erhalten soll.
Ein Pflanzenschutzmittelverbot führt zu einer Zwangs-Ökologisierung. Die dabei erzeugten Produkte können vom gesättigten Biomarkt nicht ohne Weiteres aufgenommen werden.
Entscheidend für die Ausdehnung des Ökolandbaus muss daher die Nachfrage der Konsumenten nach Bioprodukten sein.
Die Landwirte im Landkreis Reutlingen bekennen sich seit Jahren zum Artenschutz. Mit bestehenden Förderprogrammen setzen sie eine Vielzahl an Maßnahmen auf freiwilliger Basis um, die sich positiv auf den Erhalt der Artenvielfalt auswirken.
Die zentrale und wichtigste Aufgabe der Landwirtschaft bleibt aber die Versorgung der Bevölkerung mit einer ausreichenden Menge an sicheren und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln. Ein wichtiger Baustein hierfür ist der moderne Pflanzenschutz.
Die Ursachen für den Artenschwund sind dagegen weitaus vielfältiger und reichen von der Klimaveränderung, über die Landschaftszerschneidung bis hin zum Lebensraumverlust. Allein seit Anfang der 1990er Jahre gingen in Deutschland eine Million Hektar für Siedlungs- und Verkehrsfläche unwiederbringlich verloren. Heute werden in Deutschland täglich etwa 60 Hektar für Wohnraum, Gewerbe und Infrastruktur bebaut.
Politische Ansätze zur Verhinderung eines weiteren Artenschwundes müssen daher alle gesellschaftlichen Gruppen und wirtschaftlichen Bereiche mit einbeziehen.
Wir erwarten von den zuständigen politischen Gremien (Landtag, Bundestag, Bundesrat) und Behörden (Ministerium LUBW, RP, Landratsamt) flexible Lösungen, die in Zusammenarbeit mit den Hauptbetroffenen, nämlich den Bauern, zu erarbeiten sind.
Hintergrund:
Über 55 % der Fläche im Landkreises Reutlingen liegen im Biosphärengebiet Schwäbische Alb.
Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb umfasst ca. 85.000 ha Fläche, von denen rund 50.000 ha einen flächenbezogenen Schutzstatus haben. Darunter sind Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete sowie FFH- und Vogelschutzgebiete zu verstehen, wobei FFH- und Vogelschutzgebiete sich dabei in Teilen überlagern.
Das komplette Positionspapier finden Sie hier.