Viele Bauernfamilien fürchten um ihre Existenz
Das Stuttgarter Innenministerium hat heute das „Volksbegehren zur
Rettung der Artenvielfalt in Baden-Württemberg“ für rechtlich zulässig
erklärt. „Die Ziele des Volksbegehrens sind richtig, die Maßnahmen aber
völlig überzogen. Diese könnten zum Treiber des Strukturwandels werden“,
sagt Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes (LBV). „Wir
Bauernfamilien bekennen uns zum Artenschutz. Das haben wir durch unser
großes Engagement bei freiwilligen Maßnahmen im Natur- und Umweltschutz
bereits bewiesen.“
Die Landwirte im Land
wirtschaften bereits auf knapp 400.000 Hektar Fläche besonders
naturverträglich, zusätzlich betreiben die Bauernfamilien fast 200.000
Hektar ökologischen Landbau. „Der vorgelegte Gesetzentwurf des
Volksbegehrens Artenschutz – ‚Rettet die Bienen‘ in Baden-Württemberg
gefährdet nicht nur diese Erfolgsgeschichte, sondern auch die Existenz
unsere Familienbetriebe im Land“, ist sich Rukwied sicher.
Artenschutz mit der Landwirtschaft statt gegen sie
„Ein völliges Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten würde
für viele Bauernfamilien das Aus bedeuten, beispielsweise für Obstbauern
am Bodensee oder Winzer am Kaiserstuhl und Stromberg sowie viele
Ackerbaubetriebe. Das gilt für konventionelle Betriebe genauso wie für
Ökobetriebe“, sagt Rukwied. „Notwendig sind machbare Lösungen und nicht
radikale Vorgaben, die den Bauernfamilien die Zukunftsperspektive
rauben.“ Zudem müsse der Ausbau des Ökolandbaus der tatsächlichen
Verbrauchernachfrage folgen und dürfe den Markt für die Biobauern nicht
kaputt machen. „Artenschutz mit der Landwirtschaft statt gegen sie, muss
unser aller Ziel sein“, fordert Rukwied.
Artenschutz gibt es nicht kostenlos
Die Vorschläge des Volksbegehrens werden erhebliche Kosten verursachen.
Das Land ist gefordert, für die heimischen Betriebe gangbare
Alternativen aufzuzeigen und diese dann auch finanziell zu unterstützen.
Allein der Ausbau des ökologischen Landbaus auf 50 Prozent wird das
Land ab 2035 schätzungsweise mindestens 140 Millionen Euro pro Jahr
zusätzlich kosten. Darüber hinaus werden Reduktionsziele für den Einsatz
von Pflanzenschutzmitteln ohne finanzielle Unterstützung durch das Land
nicht möglich sein. „Um den Pflanzenschutzmitteleinsatz sinnvoll zu
reduzieren, brauchen wir machbare Alternativen, die teilweise noch zur
Praxisreife geführt werden müssen. Technische Lösungen für das
Ausbringen von Pflanzenschutzmittel sind teuer und es ist unabdingbar,
dass dazu die digitale Infrastruktur im ländlichen Raum massiv ausgebaut
wird. Ohne geeignete Rahmenbedingungen werden wir die notwendigen
Innovationen nicht nutzen können“, zeigt Rukwied auf.
Für den Artenschutz sind gesamtgesellschaftliche Lösungen gefragt
Die Landwirte sind bereit, sich für weitere Maßnahmen im Artenschutz zu
engagieren“, sagt Rukwied. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen dazu aber
auch ihren Teil beitragen. Denn nur mit gesamtgesellschaftlichen
Lösungen kommen wir bei diesem Thema voran. Es kann nicht sein, dass
beispielsweise Flug- und Individualverkehr ungebremst zunehmen oder die
Versiegelung der Landschaft massiv voranschreitet, aber für das
Artensterben hauptsächlich unsere bäuerlichen Familienbetriebe
verantwortlich gemacht werden.“ Die Gründe für das Artensterben seien
vielfältig, dem müsse auch mit gesamtgesellschaftlichen Lösungsansätzen
Rechnung getragen werden, ist Rukwied überzeugt.
Autor: LBV